Die schönsten Geschichten aus den Dobermann-Rallye-Archiven 14

Hendrik Fokken
IN DER FISCHWITZFABRIK

Im großen Sitzungssaal der Fischwitzfabrik Horn & Schuppig haben sich bei einer Tasse löslichen Kaffees die Mitglieder des Vorstands zusammengefunden. Drei Stühle bleiben leer. Die Herren tragen schwarz.
Oberinspektorin Thea von Drahn, am Kopfende des Tisches sitzend und offensichtlich schwer angetrunken, durchbricht die allgemeine Stille, indem sie ein kleines metallenes Kästchen auf den Tisch fallen lässt und sich an die nun aufgeschreckten Vorstandsmitglieder wendet.
Von Drahn: „Un wissir wassich hier habe? … Ein Aufnahmegrät. Un da is nämmich eine Aufseichnung drauf von gestern vonne Tubinenexposion in Halle fümf männich wo Hoan un Schubbich … olle Fischkopp der …umgekomm sin. Tot sin se jetz .. ha. Un auch Niesche swei, die Intelellensau die dumme. Beetriebsfilesoof … ha, sach ich, Betriebsfilesoof. Tot. Alle tot … ha.“

Die übrigen Anwesenden blicken beschämt zu Boden, und niemand hindert die Oberinspektorin, das kleine Kästchen an eine in den Tisch eingelassene Apparatur anzuschließen. Ein Projektor fährt aus einer Luke im Boden, Jalousien verdunkeln den Saal, und auf der kleinen Leinwand am Ende des Raumes erkennen wir jetzt die Zentralturbine der Produktionshalle fünf, das von der Konkurrenz so innig bewunderte Herzstück der Fischwitzfabrik. Vor der Schalttafel der Turbine erkennen wir ferner die beiden Meisterwitzemacher des Unternehmens, Hans Horn und Jörg Schuppig, den Betriebsphilosophen Nietzsche II, Wilhelm Krüger, Amtmann des Kontrollkontors für gewerbliche Tierwitzproduktionen sowie Ilia Radenkowic, den örtlichen Postboten. Verfolgen wir die Aufzeichnung des sich jetzt abspielenden Dialoges.

Horn: Zwei Haifische rauchen einen Joint. Da sagt der eine: Mann, ich bin ganz schön high.
Schuppig: Treffen sich zwei Thunfische, sagt der eine: lass uns doch mal was tun, Fisch.
Krüger: Moment, Moment, geht das jetzt so weiter? Hier auf meinem Formular steht Tierwitzkategorien III B/2 bis III B/5. Was sie mir hier anbieten, muss ich doch als Provokation …
Schuppig: Oh. Nein nein, das muss ein Fehler sein. Sehen Sie, sowas läuft momentan überhaupt nicht. Wir, äh, ehrlich gesagt, wir haben da gerade einen Großauftrag, und unser Kunde …
Krüger: Schon gut schon gut, ist ja eigentlich nur eine Formalität. Fahren sie fort, hmm, sagen wir … Lachs … Lachse?
Horn: Treffen sich zwei Schwertfische, sagt der eine: du, meine Frau hat sich gestern beschwert.
Nietzsche II (versucht ein hysterisches Lachen zu unterdrücken): Hihihihi.
Radenkovic: Treffen sich zwei Delphine .. äh … komm, lass uns doch mal flippern.
Krüger: Das ist jetzt aber III A/2 oder 3.
Radenkovic: tschuldigung.
Horn: Was ist der Unterschied zwischen einem Aal und einer Flunder? … Die Flunder ist runder.
Schuppig: Ja, aber was ist der Unterschied zwischen einer Flunder und einem Aal?
Krüger: Das ist doch wohl scheißegal. Können wir jetzt bitte fortfahren, meine Herren? Na, sagen wir mal Makrele … Makrele?
Schuppig: Treffen sich zwei Killerwale, sagt der eine: Huch, was bin ich heute kitzlig.
Krüger: Versteh ich nicht.
Radenkovic: Treffen sich zwei Bettlaken …
Horn: Das sind keine Fische.
Radenkovic: ach.
Krüger: Ich möchte doch noch einmal an ihren gesunden Menschenverstand appellieren. denken sie doch bitte an den hervorragenden Ruf ihrer … äh … Krebs … Krebse?
Horn: IV B/2, IV B/2. Aber treffen sich zwei Rochen, der eine hat nen Furz gerochen.
Nietzsche II (wild gestikulierend): Jochen erstochen, Jochen erstochen. Ich hab Hunger, kann mir jemand mal ein Ei kochen?
Horn: Treffen sich zwei Schollen, sagt der eine: du, mein Schwanz ist geschwollen.
Nietzsche II (laut schreiend): Hat hier jemand noch Pimmel zu verzollen?
Schuppig: im Wald stehen zwei Hirsche, der eine hat ne Eichel wie ne Kirsche.
Krüger (räuspert sich): Das können wir als Fisch durchgehen lassen.

Hier bricht die Aufzeichnung endlich ab. die Leinwand zeigt ein unruhiges Flimmern, und in das langsam ausklingende Rauschen hinein hören wir jetzt leise ein Vorstandsmitglied flüstern:
Was gibt es heute eigentlich in der Kantine?
Sein Nachbar antwortet ohne zu zögern.

Die schönsten Geschichten aus den Dobermann-Rallye-Archiven / Fischwitzfabrik
Dieser Text erschien erstmalig im Dezember 1992 in: Dobermann Rallye 2.
1997 wurde er in leicht veränderter Form in den Sammelband Marmorkuchen/Fischwitzfabrik aufgenommen.
Die Redaktion Dobermann Rallye existierte von 1991 bis 2000.
Publikationen der Redaktion erfolgten unter den Namen: Dobermann Rallye, Pekinese Schnitzeljagd und Die Dob Red Protokolle
Hendrik Fokken / In der Fischwitzfabrik / Dobermann Rallye 2 / Die Dob Red Protokolle / ISSN 1435-1625